Traumasensitive Diagnostik und Förderung in inklusiven Schulen

(Prof. Dr. Friedrich Linderkamp & Prof. Dr. Gino Casale)

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Traumasensitive Diagnostik und Förderung in inklusiven Schulen

Traumatisierte Schüler:innen stellen im inklusiven Kontext eine große Herausforderung dar. Allerdings fehlt es im deutschsprachigen Raum zum einen an einer Bestandsaufnahme der Erfahrungen und Bedarfe von Lehrkräften, Schüler:innen und Eltern in Bezug auf den Umgang mit Traumata in der Inklusion. Zum anderen existieren keine evidenzbasierten Konzepte zur Diagnostik und Förderung bei traumatisierten Schüler:innen. In TRAILS prüfen wir, a) die Erfahrungen und Bedarfe von Lehrkräften, Schüler:innen und Eltern in Bezug auf traumasensible Diagnostik und Förderung in inklusiven Schulen, b) inwiefern sich ein partizipativ entwickeltes integriertes System aus Methoden zur traumasensiblen Diagnostik und Förderung in inklusiven Schulen (TRAILS-System) implementieren lässt und c) welche Effekte sich in Bezug auf verschiedene Merk- male zeigen. Primäre Zielgruppe dieses Projektes sind Schüler:innen an inklusiven Haupt-, Real- und Gesamtschulen, die aufgrund von traumatischen Fluchterfahrungen ein erhöhtes Risiko für psychische Störungen aufweisen sowie deren Lehrkräfte und Eltern. Die im Projekt entwickelten Methoden werden Lehrkräften und Schüler:innen als Open Educational Resource (OER) kostenfrei zur Verfügung gestellt

Zielsetzung und Fragestellung

In TRAILS soll ein integriertes und mehrstufiges System zur traumasensitiven Diagnostik und Förde- rung in inklusiven Schulen (TRAILS-System) bedarfsorientiert und partizipativ unter systematischem Einbezug der Lehrkräfte, Schüler:innen und Eltern entwickelt, implementiert und hinsichtlich der Wirksamkeit evaluiert werden. Die primäre Zielgruppe des Projektes sind Schüler:innen mit Fluchter- fahrung in der Sekundarstufe I sowie ihre Lehrkräfte. Entwicklung, Implementation und Evaluation erfolgen aus einer international vergleichenden Perspektive mit den USA.

Forschungsmethode

Das Projekt verbindet qualitative und quantitative Methoden in einem mixed methods-Design.

A) Qualitatives Untersuchungsdesign

Die Bedarfe und Vorerfahrungen von Lehrkräften und Eltern in Bezug auf traumasensitive Diagnostik und Förderung (Fragestellung 1) werden partizipativ über insgesamt drei sequentielle Fokusgruppeninterviews mit Lehrkräften und eines mit Eltern erfasst. An jedem Lehrkräfteinterview sollen mindestens drei Lehrkräfte (jeweils eine Person aus Haupt-, Gesamt- und Realschule) mit Vorerfahrungen in der schulischen Arbeit mit Schüler:innen mit Fluchterfahrung teilnehmen. Am Elterninterview sollen möglichst vier Eltern (jeweils zwei von Schüler:innen mit und ohne Fluchterfahrung) teilnehmen. Aus jeder teilnehmenden Schulform (Haupt-, Gesamt- und Realschule) sollen mit jeweils zwei Schüler:innen mit Traumatisierungen sowie zusätzlich ein:e Mitschüler:in ohne Traumatisierung aus der gleichen Klasse, also insgesamt zwölf Einzelinterviews durchgeführt werden.

Die Fokusgruppeninterviews werden anhand von Leitfragen strukturiert, die Erzählimpulse geben sollen und sich vor allem a) auf die Vorerfahrungen und b) die Bedarfe in der schulischen Arbeit mit traumatisierten Schüler:innen beziehen sowie c) einen Vergleich zwischen den unterschiedlichen Schulformen ermöglichen.

In den Einzelinterviews werden die Vorerfahrungen und Bedarfe der Schüler:innen hinsichtlich der traumabezogenen schulischen Hilfen adressiert. Sie zielen darauf ab, a) ein tieferes Verständnis davon zu erlangen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede in den Vorerfahrungen und Bedarfen von Schüler:innen mit und ohne Traumatisierung bestehen und b) die Perspektiven von einzelnen Schüler:innen in Bezug auf ihre Rezeptions- und Nutzungslogiken von Unterricht, die Beziehungsgestaltung zu ihren Lehrkräften und Peers sowie die soziale Partizipation in der Klasse zu verstehen (Crabtree, Crabtree & Miller, 1999).

B) Quantitatives Untersuchungsdesign

Die psychometrische Validierung und Wirksamkeitsüberprüfung der TRAILS-Methoden erfolgt in einem quasi-experimentellen Warte-Kontrollgruppendesign mit Prä-, Post- und Follow-Up-Messung mit Randomisierung auf Klassenebene (Campbell & Stanley, 1963). In die-ser Studie prüfen wir a) die psychometrische Qualität der diagnostischen Beurteilungsskalen, b) die Wirksamkeit in Bezug auf die Reduktion psychischer Probleme, c) den Aufbau der kognitiven Emotionsregulation und d) den moderierenden Einfluss der sozialen Unterstützung im Klassenraum.

Die Größe der Stichprobe berechnet sich auf Grundlage der erwarteten Datenstruktur sowie deren Analyse auf zwei Ebenen (Ebene 1: Schüler:innen einer Klasse, Ebene 2: Schulklassen). Die Schulklassen legen wir dabei als Clustervariable auf Ebene 2 fest, da wir davon ausgehen, dass einzelne Klassen einer Schule teilnehmen und somit eine Randomisierung auf Klassenebene möglich sein wird. Ausgehend von einer maximalen Klassengröße von 26 Schüler:innen pro Schulklasse in der Sekundarstufe 1 (KMK, 2020), einer Intraklassenkorrelation von 0.2 sowie einem Alpha-Fehlerniveau von 5% ergibt sich auf individueller Schüler:innenebene (Ebene 1) die statistische Power von mindestens 80% für eine mittlere Effektstärke bei einer Anzahl von mindestens 30, besser jedoch 40 Schulklassen auf Level 2 (Maas & Hox, 2005; Scherbaum & Ferreter, 2009). Wir planen daher mit einer Stichprobengröße von N = 40 Klassen (jeweils n = 20 in Interventions- und Kontrollgruppe) und N = 1.040 Schüler:innen (jeweils n = 520 in Interventions- und Kontrollgruppe), um zum einen eine ausreichende statistische Power sicherzustellen und zum anderen gegenüber möglichen Dropouts von Klassen ab-gesichert zu sein.

An der Studie nehmen inklusive Klassen der Jahrgangsstufen 5 bis 8 teil, in denen mindestens zwei Schüler:innen mit Fluchthintergrund aufgrund von Terror, Verelendung oder Krieg beschult werden. So ergibt sich eine Teilstichprobe geflüchteter Schüler:innen von mindestens n = 80, die für die Analyse eines allgemeinen linearen Regressionsmodell für zwei Gruppen bei einer erwarteten mittleren Effektstärke auf dem Alpha-Fehlerniveau von 5% eine exzellente Power von ca. 93% an erklärbarer Fehlervarianz vorweist. In die Datenerhebungen und Analysen werden jedoch alle Schüler:innen einer Klasse einbezogen, da es sich um eine universell präventive Fördermethode handelt. Die

Jahrgangsstufen wurden ausgewählt, um auf der einen Seite die Struktur des deutschen Schulsystems mit Beginn der Sekundarstufe I ab Jahrgangsstufe 5 zu berücksichtigen und auf der anderen Seite die Vergleichbarkeit zum US-Amerikanischen Schulsystem zu sichern (Beginn der Sekundarstufe in der Jahrgangsstufe 7). Die Klassen sollen aus Haupt-, Real- und Gesamtschulen stammen, da die meisten geflüchteten Jugendlichen aus Kriegsgebieten wie Afghanistan (79%), dem Irak (58%) und Syrien (59%) diese Schulen besuchen (BAMF, 2019). Es soll eine randomisierte NRW repräsentative Stichprobe konstituiert werden.

Referenzen:
Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) (Hrsg.) (2019). Aktuelle Zahlen. Ausgabe: Dezember 2019. https://www.bamf.de/SharedDocs/Anlagen/DE/Statistik/AsylinZahlen/aktuelle-zahlen-dezember-2019.pdf?__blob=publicationFile&v=4. Zugegriffen: 27. Februar 2020.
Campbell, D.T. & Stanley, J.C. (1963). Experimental and Quasi-Experimental Designs for Research. Boston: Houghton Mifflin Company.
Crabtree, B. F., Crabtree, B. F. & Miller, W. L. (1999). Doing qualitative research. New York: Sage.
Maas, C. J. M. & Hox, J. J. (2005). Sufficient Sample Sizes for Multilevel Modeling. Methodology: European Journal of Research Methods for the Behavioral and Social Sciences, 1, S. 86–92. doi: 10.1027/1614-2241.1.3.86
Scherbaum, C. A. & Ferreter, J. M. (2009). Estimating Statistical Power and Required Sample Sizes for Organizational Research Using Multilevel Modeling. Organizational Research Methods, 12, S. 347–367. doi: 10.1177/1094428107308906
Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK; 2020). Schüler, Klassen, Lehrer und Absolventen der Schulen 2009 – 2018. Statistische Veröffentlichung der Kultusministerkonferenz. Dokumentation Nr. 224 – März 2020. Abgerufen am 29.12.2020, 10:18 Uhr unter https://www.kmk.org/fileadmin/Dateien/pdf/Statistik/Dokumentationen/Dok224_SKL2018.pdf.

Status und Laufzeit

Status: laufend

Laufzeit des Projekts: Januar 2022 - Dezember 2024

Standort(e)

Bergische Universität Wuppertal

Kontaktadresse(n)

Prof. Dr. Friedrich Linderkamp / Institut für Bildungsforschung / Bergische Universität Wuppertal / Gaußstraße 2, 42119 Wuppertal / linderkamp(at)uni-wuppertal.de

Prof. Dr. Gino Casale / Institut für Bildungsforschung / Bergische Universität Wuppertal / Gaußstraße 2, 42119 Wuppertal / gcasale(at)uni-wuppertal.de

DOWNLOADS / LINKS

Hier geht es zur Homepage des TRAILS-Projekts.

Hier geht es zur Pressemitteilung zum TRAILS-Projekt auf der Homepage der Universität Wuppertal.

TEAM

Das Projekt TRAILS ist ein Einzelprojekt und das Team setzt sich wie folgt zusammen:

Prof. Dr. Friedrich Linderkamp

Projektleitung

linderkamp(at)uni-wuppertal.de

Prof. Dr. Gino Casale

Projektleitung

gcasale(at)uni-wuppertal.de

Eva Lembke

Wissenschaftliche Mitarbeit

lembke(at)uni-wuppertal.de

Esheref Haxhiu

Wissenschaftliche Mitarbeit

haxhiu(at)uni-wuppertal.de

Tobias Becker

Assoziierter Mitarbeiter

t.becker(at)uni-wuppertal.de

Internationale Kooperationspartner

Prof. Dr. Ian Barron, Director Center for International Education, College of Education, University of Massachusetts Amherst (USA)

Prof. Dr. Sarah Fefer, Associate Director Center for Youth Engagement, College of Education, University of Massachusetts Amherst (USA)

Prof. Dr. Michael Krezmien, Director Center for Youth Engagement, College of Education, University of Massachusetts Amherst (USA)

VERÖFFENTLICHUNGEN

Linderkamp, F. & Casale, G. (eingereicht). Die traumasensible Schule – Grundlagen, Konzepte und Perspektiven. Zeitschrift für Heilpädagogik.

 

 

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