Partizipation in einem Response-To-Intervention-Modell für den Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung

(Prof. Dr. Michael Grosche, Prof.in Dr.in Kathrin Fussangel, Prof. Dr. Christian Huber, Prof.in Dr.in Cornelia Gräsel, Prof. Dr. Friedrich Linderkamp, Prof. Dr. Johannes König, Prof. Dr. Thomas Hennemann, Prof.in Dr.in Conny Melzer, Prof. Dr. Kai Kaspar )

Fragestellung
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Partizipation in einem Response-To-Intervention-Modell für den Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung

Überspitzt formuliert sind Inklusionsmodelle entweder teilhabeorientiert oder evidenzbasiert, aber nicht beides gleichzeitig. Kritik entzündet sich insbesondere am evidenzbasierten Stufenmodell Response-To-Intervention (RTI), da RTI durch die strikte Trennung von Grundschul- und Sonderpädagogik zu einer Abgabe der Verantwortung für Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf führe und somit deren Teilhabe am Unterricht riskiere. Wir legen mit diesem Projekt ein partizipations- und anerkennungsorientiertes Modell (PARTI-Modell) vor, in dem Lehrkräfte beider Professionen ihren Unterricht gleichzeitig teilhabeorientiert und evidenzbasiert planen und durchführen. In einem quasiexperimentellen Design mit einer unbehandelten Wartekontrollgruppe bilden wir grundschul- und sonderpädagogische Lehrkräfte fort. Wir erwarteten, dass fortgebildete Lehrkräfte ihre jeweilige Expertise zunehmend aufeinander beziehen würden, [sich] dadurch inklusionspädagogisches Wissen und Handeln besser entwickeln und dies langfristig zu positiven Effekten auf Schüler:innenebene führen würde.

Kurzfassung:

Wir wollten die Fragen beantworten, ob durch den Besuch unserer Fortbildungen Lehrkräfte beider Professionen zunehmend kokonstruktiver handeln (F1), dadurch ihr inklusionspädagogisches Wissen und Handeln (F2) und Erleben (F3) weiterentwickeln, dies zu einer besseren Implementation von effektivem und teilhabeorientiertem Unterricht führt (F4) und dies wiederum die Teilhabeerlebnisse von Schüler:innen mit und ohne Förderbedarfe positiv beeinflusst (F5).

(F1): Kokonstruktion:

Verbessert sich (1a) die kokonstruktive Kooperation der Lehrkräfte? Nehmen Lehrkräfte (1b) die Vorteile dieser zeitintensiven Kooperationsform wahr? Fühlen sich sowohl sonderpädagogische als auch grundschulpädagogische Lehrkräfte (1c) für alle Schüler:innen verantwortlich?

(F2): Kompetenzerwerb (kognitiver Bereich):

Erwerben die fortgebildeten Lehrkräfte (2a) inklusionsbezogenes Wissen und (2b) situationsspezifische inklusionsbezogene Fertigkeiten?

(F3): Kompetenzerwerb(affektiv-motivationaler Bereich):

Verbessern sich auf Lehrkraftebene (3a) die Selbstwirksamkeit zur Umsetzung der RTI-Komponenten und (3b) die Einstellung zu Inklusion (insbesondere zu Schüler:innen mit Förderbedarfen in der emotionalen und sozialen Entwicklung)? Verringert sich (3c) das Belastungsausmaß durch Verhaltensauffälligkeiten?

(F4): Implementation:
Welche Komponenten des PARTI-Modells werden (4a) von den Lehrkräften als umsetzbar wahrgenommen? Welche Komponenten des PARTI-Modells werden (4b) tatsächlich umgesetzt?

(F5): Soziale Teilhabeerlebnisse der Schüler:innen:

Führen die Entwicklungen auf Lehrkraftebene (langfristig) auf der Ebene der Schüler:innen zu positiverem emotional-sozialen Erleben des Unterrichts?

Aufgrund der Einschränkungen im Rahmen der pandemiebedingten Schulschließungen konnten die meisten zentralen Fragestellungen des Projekts nicht beantwortet werden. Gründe hierfür sind die fehlende Umsetzung weiter Teile der Fortbildungsreihe, die ausbleibende Implementation der Methoden im Unterricht sowie weitgehend unvollständige Daten bezüglich des zweiten und dritten Messzeitpunkts.


Das Vorhaben ist in drei Arbeitspakete gegliedert: (1) Entwicklung, (2) Fortbildung und Implementation und (3) Dissemination.

  • AP1 beinhaltete unter anderem die Ausdifferenzierung des PARTI-Modells und dessen Begutachtung durch „critical friends“ und darauf basierend die Konzeption der Fortbildungen, die Entwicklung der Instrumente, die Rekrutierung der Schulen sowie die Planung der statistischen Auswertungen.
  • In AP2 fanden die Fortbildungen und Coachings sowie die drei Datenerhebungen statt.
  • In AP3 waren die Auswertungen und die Dissemination der Ergebnisse insbesondere an Lehrkräfte, Bildungsadministration und die scientific community vorgesehen.

Aufgrund der Einschränkungen im Rahmen der pandemiebedingten Schulschließungen konnten die meisten zentralen Fragestellungen des Projekts nicht beantwortet werden. Gründe hierfür sind die fehlende Umsetzung weiter Teile der Fortbildungsreihe, die ausbleibende Implementation der Methoden im Unterricht sowie weitgehend unvollständige Daten bezüglich des zweiten und dritten Messzeitpunkts.

Status: abgeschlossen

Laufzeit des Projekts: März 2018 – Februar 2021

Bergische Universität Wuppertal, Universität zu Köln

Prof. Dr. Michael Grosche (Verbundkoordinator)/ Bergische Universität Wuppertal School of Education, Institut für Bildungsforschung / Gaußstr. 20, 42119 Wuppertal/ michael.grosche(at)uni-wuppertal.de

Aufgrund der Einschränkungen im Rahmen der pandemiebedingten Schulschließungen konnten die meisten zentralen Fragestellungen des Projekts nicht beantwortet werden. Gründe hierfür sind die fehlende Umsetzung weiter Teile der Fortbildungsreihe sowie die ausbleibende Implementation der Methoden im Unterricht. Der Projektfahrplan wurde so verändert, dass der zweite und dritte Messzeitpunkt zusammengelegt wurde. Dennoch konnten auf Basis der erhobenen Daten einige Fragestellungen verfolgt werden.
Auf Basis der Lehrkraftdaten des ersten Messzeitpunkts wurde ein Instrument zur Messung kokonstruktiver Kooperation entwickelt (Fussangel, Casale, Kluge, Spilles & Grosche, angenommen). Die Ergebnisse zeigen, dass sich die theoretischen Dimensionen des Kokonstruktionsmodells empirisch abbilden lassen.
Weiterhin wurde auf Basis der Schulkinddaten des ersten Messzeitpunkts die soziale Integration in zweiten bis vierten Grundschulklassen überprüft. In den Ergebnissen offenbart sich, dass Schüler:innen mit zunehmenden Verhaltensproblemen in ihren Klassen weniger sozial integriert sind, wobei dieser Zusammenhang partiell von Klassennormen (wie der durchschnittlichen Ausprägung an Verhaltensproblemen oder die Klassenstufenzugehörigkeit) abhängig ist (Spilles, Huber, Hennemann, König & Grosche, 2023). Außerdem konnte gezeigt werden, dass positives Lehrkraftfeedback die Wahrscheinlichkeit erhöht, von den Mitschüler:innen sozial akzeptiert zu werden. Der gegenteilige Effekt wurde für negatives Feedback gefunden (Spilles, Huber, Nicolay, König & Hennemann, 2023a/b).
In einer weiteren Publikation (Spilles, Huber, Kaspar & Hennemann, angenommen), die auf den Schulkinddaten basiert, wurde bestätigt, dass der Umgang mit Unterrichtsstörungen von Lehrkräften stärker mit der Regeleinhaltung der Schüler*innen positiv zusammenhängt, wenn die Schüler*innen die Beziehung zu ihrer Klassenlehrkraft positiv bewerten.
Bei Bartling, Spilles, Kluge, Gottfried, Huber, Hennemann, König, Fussangel, Kaspar, Gräsel, Melzer, Strauß und Grosche (2021) wird die Fortbildungsreihe des Projekts detailliert beschrieben. Zudem zeigen die hier vorgestellten Evaluationsergebnisse, dass teilnehmende Lehrkräfte die Fortbildungen überwiegend positiv und präsentierte Inhalte als relevant bewerteten.
Gottfried, Casale, Hennemann, Huber, Kaspar, Spilles, Strauß und König (2021) evaluieren in Ihrer Publikation ein Instrument zur Erfassung des pädagogischen Wissens zu inklusivem Unterricht mit Fokus auf emotionale und soziale Entwicklung. Die Ergebnisse zeigen, dass der Test eine reliable Messung erlaubt. Erwartungsgemäß verfügen Förderschullehrkräfte über umfangreicheres Wissen als Regelschullehrkräfte, was auf die Kriteriumsvalidität des Instruments hinweist.
Einen kurzen Einblick in das Projekt liefern Grosche et al. (2020).

Downloads / Links

Zeitschriftenbeitrag (PDF)

Beitrag "Verhaltensprobleme und soziale Integration" des Projekts PARTI in der Zeitschrift für Pädagogische Psychologie (2023)

Zeitschriftenbeitrag (PDF)

Beitrag "The relationship of classmates-perceived teacher feedback and the social acceptance of second, third and fourth graders" des Projekts PARTI im "International Journal of Inclusive Education"

Zeitschriftenbeitrag (PDF)

Beitrag "Adaptiver Umgang mit externalisierenden Verhaltensproblemen: Pädagogisches Wissen zu inklusivem Unterricht mit Fokus emotionale und soziale Entwicklung" des Projekts PARTI in der Schweizerischen Zeitschrift für Bildungswissenschaften 43 (2)

Zeitschriftenbeitrag (PDF)

Beitrag "Der Zusammenhang von Regeleinhaltung und Lehrkraftfeedback mit der sozialen Akzeptanz von Grundschulkindern. Eine empirische Analyse unter Berücksichtigung von Schulkind-Dyaden" des Projekts PARTI in der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft

TEAM

Das Projekt PARTI war ein Verbundprojekt, das an mehreren Standorten unterschiedliche Teilprojekte bearbeitete.

Prof. Dr. Michael Grosche

Verbundkoordination und Projektleitung
Teilprojekt A am Standort Wuppertal

michael.grosche(at)uni-wuppertal.de

Prof.in Dr.in Kathrin Fussangel

Projektleitung
Teilprojekt A am Standort Wuppertal

Prof. Dr. Christian Huber

Projektleitung
Teilprojekt A am Standort Wuppertal

Prof.in Dr.in Cornelia Gräsel

Projektleitung
Teilprojekt A am Standort Wuppertal

Prof. Dr.Friedrich Linderkamp

Projektleitung
Teilprojekt A am Standort Wuppertal

Prof. Dr. Johannes König

Projektleitung
Teilprojekt B am Standort Köln

Prof. Dr. Thomas Hennemann

Projektleitung
Teilprojekt B am Standort Köln

Prof.in Dr.in Conny Melzer

Projektleitung
Teilprojekt B am Standort Köln

Prof. Dr. Kai Kaspar

Projektleitung
Teilprojekt B am Standort Köln

Dr.in Sarah Strauß

Projektleitung
Teilprojekt B am Standort Köln

Jacquelin Kluge

Wissenschaftliche Mitarbeit
Teilprojekt A am Standort Wuppertal

Dr. Markus Spilles

Wissenschaftliche Mitarbeit
Teilprojekt A am Standort Wuppertal

Katharina Gottfried

Wissenschaftliche Mitarbeit
Teilprojekt B am Standort Köln

Annika Bartling

Wissenschaftliche Mitarbeit
Teilprojekt B am Standort Köln

VERÖFFENTLICHUNGEN

angenommen:
Fussangel, K., Casale, G., Kluge, J., Spilles, M. & Grosche, M. (angenommen). Die Messung kokonstruktiver Kooperation – Entwicklung und Validierung eines Fragebogens für Lehrkräfte in der Inklusion. Journal for Educational Research Online.

Spilles, M., Huber, C., Kaspar, K. & Hennemann, T. (angenommen). Die Bedeutung der von Grundschulkindern wahrgenommenen Beziehung zu ihrer Klassenlehrkraft für deren Einhaltung von Klassenregeln. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft.

2023:

Spilles, M., Huber, C., Nicolay, P., König, J. & Hennemann, T. (2023a). Der Zusammenhang von Regeleinhaltung und Lehrkraftfeedback mit der sozialen Akzeptanz von Grundschulkindern. Eine empirische Analyse unter Berücksichtigung von Schulkind-Dyaden. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft. https://doi.org/10.1007/s11618-022-01138-4

Spilles, M., Huber, C., Nicolay, P., König, J. & Hennemann, T. (2023b). The relationship of classmates-perceived teacher feedback and the social acceptance of second, third and fourth graders. International Journal of Inclusive Education. https://doi.org/10.1080/13603116.2023.2185690

Spilles, M., Huber, C., Hennemann, T., König, J. & Grosche, M. (2023). Sind Grundschulkinder besser sozial integriert, wenn sie im Unterricht weniger Probleme im Lernverhalten und weniger oppositionelles Verhalten zeigen? Zeitschrift für Pädagogische Psychologie.
https://doi.org/10.1024/1010-0652/a000360

2022:

Grosche, M., Hennemann, T., Huber, C., König, J., Spilles, M., Bartling, A., Kluge, J., Gottfried, K., Fussangel, K., Kaspar, K., Gräsel, C., Melzer, C. & Strauß, S. (2022). Das Fortbildungskonzept des PARTI-Projekts: Ein auf Partizipation bezogenes Response-to-Intervention-Modell (PARTI) für den Förderschwerpunkt emotionale und soziale Entwicklung. In F. Buchhaupt, J. Becker, D. Katzenbach, D. Lutz, A. Strecker & M. Urban (Hrsg.), Qualifizierung für Inklusion (Grundschule, Band 2) (S. 177-189). Münster: Waxmann. https://www.waxmann.com/index.php?eID=download&buchnr=4513

2021:

Bartling, A., Spilles, M., Kluge, J., Huber, C., Hennemann, T., König, J., Fussangel, K., Kaspar, K., Gräsel, C., Melzer, C., Strauß, S. & Grosche, M. (2021). Partizipation in einem Response-to-Intervention-Modell für den Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung (PARTI): Beschreibung und Evaluation einer praxisorientierten Fortbildungsreihe. Zeitschrift für Heilpädagogik, 72, 664-675.

Gottfried, K., Casale, G., Hennemann, T., Huber, C., Kaspar, K., Spilles, M., Strauß, S. & König, J. (2021). Adaptiver Umgang mit externalisierenden Verhaltensproblemen: Pädagogisches Wissen zu inklusivem Unterricht mit Fokus emotionale und soziale Entwicklung. Swiss Journal of Educational Research, 43, 260-272.
https://www.pedocs.de/volltexte/2021/22949/pdf/SZBW_2021_2_Gottfried_et_al_Adaptiver_Umgang.pdf

2020:

Grosche, M., König, J., Huber, C., Hennemann, T., Fussangel, K., Gräsel, C., Kaspar, K., Melzer, C., Strauß, S., Lüke, T., Krull, J., Neroznikova, K., Spilles, M., Casale, G. & Bartling, A. (2020). Das Forschungsprojekt PARTI: Evaluation einer Fortbildungsreihe zur kokonstruktiven Umsetzung eines um Partizipation ergänzten Response-To-Intervention-Modells im Förderschwerpunkt Emotional-soziale Entwicklung. In G. Ricken, & S. Degenhardt (Hrsg.), Vernetzung, Kooperation, Sozialer Raum – Inklusion als Querschnittaufgabe (S. 116-121). Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt.

 

 

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Institut für Sonderpädagogik
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