Konzeptualisierung, Messung und Förderung der Diagnose- und Förderkompetenz bzgl. inklusiver Bildung von (zukünftigen) Mathematiklehrpersonen

(Prof. Dr. Johannes König, Prof.in Dr.in Gabriele Kaiser, Prof. Dr. Nils Buchholtz, Prof. Dr. Benjamin Rott & Natalie Ross)

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Konzeptualisierung, Messung und Förderung der Diagnose- und Förderkompetenz bzgl. inklusiver Bildung von (zukünftigen) Mathematiklehrpersonen

Bei TEDS-IME handelt es sich um ein Verbundprojekt der Universität zu Köln (Leitung: Prof. Dr. Johannes König) sowie der Universität Hamburg (Leitung: Prof. Dr. Gabriele Kaiser). Es fokussiert auf die Konzeptualisierung, Messung und Förderung der Diagnosekompetenz bzgl. inklusiver Bildung von Regelschullehrkräften für Mathematik der Sekundarstufe.

Im Zentrum des Projekts steht zunächst die Entwicklung einer innovativen Aus- und Fortbildungsmaßnahme, welche auf die Unterstützung der Diagnose- und Förderkompetenz zum inklusiven Unterricht von (angehenden) Mathematiklehrkräften abzielt. Diese Maßnahme soll mit drei Zielgruppen unterschiedlicher Erfahrung, nämlich Masterstudierenden, Referendar*innen und berufstätigen Lehrkräften, implementiert und anhand standardisierter Kompetenztests evaluiert werden. Basierend auf den Evaluationsergebnissen werden Handreichungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen entwickelt und disseminiert, die eine Implementation der Maßnahmen durch Dritte ermöglichen.

Die standardisierte Kompetenzmessung der Diagnose- und Förderkompetenz von (angehenden) Mathematiklehrkräften bildet das zweite Kernstück des Projektes. Zur Evaluation der Aus- bzw. Fortbildungsmaßnahme werden insgesamt vier Kompetenztests eingesetzt. Zwei Tests adressieren das professionellen Wissen in Bezug auf inklusiven Unterricht: (1) das mathematikdidaktische Wissen zum inklusiven Unterricht (MPCK-IT) und (2) das generisch pädagogisches Wissen zum inklusiven Unterricht (GPK-IT). Weiterhin wird die professionelle Unterrichtswahrnehmung, konzeptualisiert als Wahrnehmung, Interpretation und Entscheidungsfindung (PID), mittels zweier video-basierter Instrumente erfasst. Dies geschieht in Hinblick auf (1) mathematikdidaktischer Aspekte (M_PID_IT) sowie auf (2) generisch pädagogische Aspekte (P_PID_IT) des inklusiven Unterrichts. Die Testinstrumente werden innerhalb des Projekts neu entwickelt bzw. angepasst, wobei auf Vorarbeiten zum inklusiven Wissen (König et al., 2017, 2019) sowie zur Erfassung der professionellen Unterrichtswahrnehmung (Kaiser et al., 2015) zurückgegriffen wird.

Somit schließt TEDS-IME an Vorarbeiten zur professionellen Kompetenz von Mathematiklehrkräften aus dem TEDS-Forschungsprogramm an (Kaiser & König, 2019) und erweitert die dortigen Konzeptionen um den Bereich des inklusiven Mathematikunterrichts. Ferner zielt es über die Aus- bzw. Fortbildungsmaßnahme auf einen stärkeren Transfer zwischen Forschung und schulischer Praxis. Die Implementierung erfolgt in den Bundesländern Hamburg und Nordrhein-Westfalen und die Evaluation mittels Kompetenztestung wird über ein Prä-Post-Design vorgenommen. Über ein digitales Unterrichtstagebuch ist schließlich zu prüfen, inwieweit sich die Kompetenz bzw. der Kompetenzzuwachs innerhalb der Fortbildungsmaßnahme auch auf die schulische Praxis auswirkt.

Gesamtziel des Projekts ist die Entwicklung eines Aus- und Fortbildungsangebotes, dessen Wirksamkeit belegt sowie breit disseminiert werden kann und das somit Eingang in die zukünftige Entwicklung von Curricula der Lehrkräfteausbildung finden wird. Zwei Teilziele werden verfolgt:
(1) Die Entwicklung innovativer Aus- und Fortbildungen für (zukünftige) Mathematiklehrkräfte zur Weiterentwicklung ihrer Diagnose- und Förderkompetenzen zur inklusiven Bildung.
(2) Die Entwicklung spezifischer Messinstrumente zur Erfassung von inklusiven professionellen Kompetenzfacetten, um die Fortbildungserfolge empirisch zu überprüfen.

Drei Hypothesen strukturieren das Vorgehen:
(1) Die Teilnahme an der Fort- und Ausbildungsmaßnahme führt zu signifikanten Zuwächsen der Diagnose- und Förderkompetenz zur inklusiven Bildung.
(2) Die Effekte der Fort- und Ausbildungsmaßnahme sind bei unterschiedlichen Erfahrungsgruppen (Masterstudierende, Referendar*innen, berufstätige Lehrkräfte) nachweisbar.
(3) Die durch die Maßnahme erweiterte Kompetenz für inklusiven Unterricht steht positiv mit der selbstberichteten Unterrichtsqualität der Lehrkräfte in Verbindung.

Quantitativ
Zur Kompetenzmessung werden zwei Wissenstests (online administriert) und zwei video-basierte Messinstrumente zur Erfassung der professionellen Unterrichtswahrnehmung eingesetzt:
Wissenstests:
– Test zur Erfassung des mathematikdidaktischen Wissens zum inklusiven Unterricht (MPCK-IT)
– Test zur Erfassung des generisch pädagogischen Wissens zum inklusiven Unterricht (GPK-IT)
Der MPCK-IT Test wird innerhalb des Projekts entwickelt, für den GPK-IT Test kann auf Vorarbeiten zurückgegriffen werden (König et al., 2017, 2019).

Professionelle Unterrichtswahrnehmung:
Video-basierte Tests zur Erfassung der professionellen Unterrichtswahrnehmung (noticing-IT) mit den Facetten Perception, Intepretation, Decision-making (PID), unterteilt in
– mathematikdidaktische Aspekte (M_PID_IT) im inklusiven Mathematikunterricht
– generisch pädagogische Aspekte (P_PID_IT) im inklusiven Mathematikunterricht
Die video-basierten Instrumente werden unter Rückgriff auf bestehende Instrumente (Kaiser et al., 2015) im Projekt entwickelt.

Die Auswertung der Testergebnisse erfolgt mittels Skalierungsanalysen auf Basis der Item-Response-Theorie. Zur Testung der Hypothesen sollen primär varianz- bzw. regressionsanalytische Verfahren Anwendung finden. Dabei ist neben der Wirksamkeit der Fortbildung von Interesse, inwieweit die durch die Lehrkräfte berichtete Unterrichtsqualität (Einschätzung des eigenen Unterrichts im Selbstbericht) anhand der Kompetenz bzw. Kompetenzzuwächse regressionsanalytisch vorhersagbar sind.

Im Rahmen des Projekts TEDS-IME wurde eine Professionalisierungsmaßnahme für angehende und berufstätige Mathematiklehrkräfte zu einem inklusiven Mathematikunterricht am Beispiel des Algebraunterrichts von einem interdisziplinären Team mit Vertreter*innen der Mathematikdidaktik, der Sonderpädagogik und der empirischen Bildungsforschung entwickelt. Die entwickelte Professionalisierungsmaßnahme ist als langfristige Veranstaltungsreihe (18 Zeitstunden) mit intensiv geschulten Moderator*innen konzipiert, um eine intensive Beschäftigung mit inklusivem Mathematikunterricht abzusichern. Sie ermöglicht es den Teilnehmer*innen an konkreten Unterrichtsmaterialien und -beispielen diagnostische sowie interventionsbezogene Kompetenzen für einen inklusiven Unterricht am gemeinsamen Lerngegenstand unter Berücksichtigung der individuellen Lernvoraussetzungen der Schüler*innen zu erwerben.

Die Wirksamkeit der Professionalisierungsmaßnahme wurde  in drei Erfahrungsgruppen (Masterstudierende im Praktikum, Lehrkräfte im Vorbereitungsdienst und praktizierende Lehrkräfte) in einem Prä-Post-Follow-Up-Design auf drei Wirkebenen evaluiert: der Akzeptanz der Maßnahme, der professionellen Kompetenz der Teilnehmer*innen und der selbstberichteten Unterrichtsqualität.
Die Analysen mit Fokus auf den Prä-Post-Vergleich bieten Evidenz für die folgenden Wirkungen der Professionalisierungsmaßnahme:

  • Akzeptanz der Professionalisierungsmaßnahme: Die Professionalisierungsmaßnahme wurde von allen Erfahrungsgruppen als gut bewertet.
  • Professionelle Kompetenz – Professionelles Wissen für den inklusiven (Mathematik-)Unterricht: Im Prä-Post-Vergleich konnte ein signifikanter Zuwachs im professionellen Wissen aller Teilnehmer*innen über alle Erfahrungsgruppen hinweg erreicht werden.
  • Professionelle Kompetenz – Professionelle Unterrichtswahrnehmung (noticing) für den inklusiven (Mathematik-)Unterricht: Für die professionelle Unterrichtswahrnehmung aller Teilnehmer*innen konnte ein signifikanter Zuwachs für die pädagogische Perspektive (P_PID-IT) und für die mathematikdidaktische Perspektive (M_PID-IT) festgestellt werden. Die Effekte für die professionelle Unterrichtswahrnehmung wurden durch einen Kontrollgruppenvergleich mit einer Kontrollgruppe, die nicht an der Professionalisierungsmaßnahme teilnahm, abgesichert. In der Kontrollgruppe konnten keine signifikanten Zuwächse in M_PID-IT und P_PID-IT festgestellt werden.
  • Selbstberichtete Unterrichtsqualität: Es wurden im Prä-Post-Vergleich Zuwächse in der selbstberichteten Unterrichtsqualität in den Bereichen Diagnose von Lernprozessen, Intervention – Strukturierung und Intervention – Individualisierung/Differenzierung über die Zeit der Maßnahme verzeichnet. Weiter zeigten sich positive Zusammenhänge zwischen Akzeptanz bzw. Bewertung der Professionalisierungsmaßnahme und der selbstberichteten Unterrichtsqualität.

Für detailliertere Beschreibungen der Wirkungen der Professionalisierung sei auf die Veröffentlichungen aus dem Projekt verwiesen (https://www.teds.uni-hamburg.de/teds-ime/veroeffentlichungen.html). Insgesamt kann die Wirkung der Professionalisierungsmaßnahme auf allen drei Wirkebenen als positiv eingeschätzt werden. Auf Basis der Ergebnisse und der gesammelten Evaluation wurde daher bereits eine Überarbeitung und Fokussierung der Maßnahme durchgeführt. Die weitere Dissemination der Maßnahme ist geplant.

Status: abgeschlossen

Laufzeit des Projekts: Januar 2022 – Dezember 2024

Universität zu Köln

Universität Hamburg

Prof. Dr. Johannes König / Universität zu Köln / Humanwissenschaftliche Fakultät / Empirische Schulforschung mit dem Schwerpunkt quantitative Methoden / Gronewald Straße 2a, 50931 Köln / johannes.koenig(at)uni-koeln.de

Prof.in Dr.in Gabriele Kaiser / Universität Hamburg / Fakultät für Erziehungswissenschaft / Didaktik der gesellschaftswissenschaftlichen und mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächer (EW 5), Arbeitsgruppe Didaktik der Mathematik / Von-Melle-Park 8, 20146 Hamburg / gabriele.kaiser(at)uni-hamburg.de

Downloads / Links

Hier geht es zur TEDS-IME-Seite auf der Homepage der Universität Hamburg.

Team

Das Projekt TEDS-IME war ein Verbundprojekt, das an mehreren Standorten unterschiedliche Teilprojekte bearbeitet. 

Prof. Dr. Johannes König

Projektleitung und Verbundleitung
Teilprojekt Köln: "Erziehungswissenschaftliche und sonderpädagogische Expertise"

johannes.koenig(at)uni-koeln.de

Prof.in Dr.in Gabriele Kaiser

Projektleitung
Teilprojekt Hamburg: "Mathematikdidaktische Expertise"

gabriele.kaiser(at)uni-hamburg.de

Prof. Dr. Nils Buchholtz

Projektleitung
Teilprojekt Hamburg: "Mathematikdidaktische Expertise"

nils.buchholtz(at)uni-hamburg.de

Prof. Dr. Benjamin Rott

Projektleitung
Teilprojekt Köln: "Mathematikdidaktische Expertise"

benjamin.rott(at)uni-koeln.de

Natalie Ross

Projektleitung und wissenschaftliche Mitarbeit Teilprojekt Hamburg: "Mathematikdidaktische Expertise"

natalie.ross(at)uni-hamburg.de

Prof.in Dr.in Conny Melzer

Kooperationspartnerin: "Sonderpädagogische Expertise"

conny.melzer(at)uni-leipzig.de

Dr. Sarah Strauß

Wissenschaftliche Mitarbeit
Teilprojekt Köln: „Erziehungswissenschaftliche und sonderpädagogische Expertise“

sarah.strauss(at)uni-koeln.de

Isabelle Klee-Schramm

Wissenschaftliche Mitarbeit
Teilprojekt Köln:
"Mathematikdidaktische Expertise"

isabelle.klee-schramm(at)uni-koeln.de

Dr. Anton Bastian

Wissenschaftliche Mitarbeit
Teilprojekt Hamburg
„Mathematikdidaktische Expertise“

Das Bild hat keinen Inhalt - es zeigt eine weiße Fläche.

Dr. Dennis Sommer

Wissenschaftliche Mitarbeit
Teilprojekt Hamburg Mathematikdidaktische Expertise

dennis.sommer(at)uni-hamburg.de

Transferprodukte und Praxismaterialien

Professionalisierungs-und Unterrichtsmaterialien des Projekts für den inklusiven Algebraunterricht  finden Sie hier:

https://www.teds.uni-hamburg.de/teds-ime/professionalisierung/materialien.html

Sie sind unter der “Creative Commons Attribution Share Alike 4.0 International” Lizenz als Open Educational Ressources verfügbar.

Veröffentlichungen

Bastian, A., König, J., Ross, N., Klee-Schramm, I., Sommer, D., Strauß, S., Rott, B., Kaiser, G. (2025). Teacher competence in inclusive mathematics education: Examining the effects of an innovative professional development program on teacher noticing. Research Square [Preprint]. https://doi.org/10.21203/rs.3.rs-5752892/v1

König, J., Kaiser, G., Bastian, A., Weyers, J., Buchholtz, N., Ross, N. (2025). Teacher noticing in inclusive mathematics education: Analyzing its structure and expert-novice differences using a novel video-based test instrument. Research Square [Preprint]. https://doi.org/10.21203/rs.3.rs-5738066/v1

Ross, N., Kaiser, G., Bastian, A., Weyers, J., Strauß, S., Klee-Schramm, I., Buchholtz, N., Rott, B., Melzer, C. & König, J. (2025). Teacher Education and Development Study – Inclusive Mathematics Education (TEDS-IME): Konzeption einer Professionalisierungsmaßnahme und Instrumentenkonstruktion zur Prüfung ihrer Wirksamkeit. In K. Beck, R. Ferdigg, D. Katzenbach, J. Kett-Hauser, S. Laux & M. Urban. Förderbezogene Diagnostik in der inklusiven Bildung. Kompetenzen – Entwicklungsdimensionen – Fachdidaktik (Förderbezogene Diagnostik in der inklusiven Bildung, Bd. 1). Münster: Waxmann.

Forschungsdaten

Bastian, A., Strauß, S., Sommer, D., Weyers, J., Ross, N., Klee-Schramm, I., Buchholtz, N., Rott, B., Melzer, C., König, J., Kaiser, Gabriele. (2025). Teildatensatz aus der Studie Teacher Education and Development Study – Inclusive Mathematics Education (TEDS-IME) – Professionelle Unterrichtswahrnehmung, professionelles Wissen, Professionalisierungsevaluation und Deskriptiva [Data set]. https://doi.org/10.25592/uhhfdm.16658

Goethe-Universität Frankfurt
Fachbereich Erziehungswissenschaften
Institut für Sonderpädagogik
Theodor-W.-Adorno-Platz 6
D-60629 Frankfurt am Main